Vertrauen zerstört
LZ Freitag 20. August 2021
Ehemaliger Soldat sieht das Vertrauen zerstört
Fabian Klatt aus Lemgo war für die Bundeswehr im Einsatz in Afghanistan.
Er ist fassungslos über „das Versagen der Politik“. Fabian Klatt war in einem Außenposten in Taloqan in der Nähe von Kundus im Einsatz.
Nadine Uphoff
Lemgo. Fabian Klatt aus Lemgo war von 2005 bis 2013 Zeitsoldat. Erst war er in Aalen, später in Herne und schließlich war er in Augustdorf stationiert. Im Jahr 2011 ging es dann für ihn für viereinhalb Monate zum Einsatz nach Afghanistan. Er war in einem Außenposten in Taloqan in der Nähe von Kundus. Der 35-jährige ist fassungslos in Anbetracht der aktuellen Ereignisse im Land und darüber, wie die Politik damit umgeht.
„Das ist Versagen auf allen politischen Ebenen – nicht nur in Deutschland. Das betrifft die ganze Welt, insbesondere die NATO-Mitgliedsstaaten“, sagt er. Das Allerschlimmste sei, dass sich nun gegenseitig der schwarze Peter zugeschoben werde, statt schnelle Entscheidungen zu treffen.
Klatt meint, die politische Führung hätte wissen müssen, dass so etwas passieren würde, wenn die Truppen abgezogen werden. Er wäre daher für eine Fortsetzung des Einsatzes gewesen, aber mit einer anderen Marschrichtung. „Wenn es wärmer wurde, gab es immer wieder Anschläge der Taliban, die sich ins Gebirge zurückzogen. Ein Zurückdrängen hat daher aus meiner Sicht nicht ausgereicht. So konnten sie sich immer wieder neuformieren. Wir hätten sie kampfunfähig machen müssen“, ist er überzeugt. Der Lemgoer sagt: „Die Leute dort haben viel für uns riskiert,
„Es beginnt alles wieder von vorne…“
indem sie uns unterstützt haben.“ Daher heiße es nun vordringlich, die Menschen aus dem Land herauszuholen und damit vor dem Terror zu beschützen. „Das gilt auch für die Verwandten, weil sie sonst zum Druckmittel werden können.“ Doch hier in Deutschland könne er aktuell nichts tun, fühle sich daher hilflos.
Den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan habe er für richtig gehalten. „Aber wie es abgelaufen ist, war falsch.“ Klatt spricht von zu wenig Ausrüstung und Munition und damit von zu wenig finanziellen Res sourcen. „Wenn man jetzt die Bilder aus dem Land sieht, war der Einsatz doch umsonst. Die gefallenen Männer sind umsonst gestorben. Es beginnt alles wieder von vorne…“ Klatt spricht mit leiser Stimme.
Wie schnell die Lage in Afghanistan umschlagen kann, zeigten nicht nur die aktuellen Bilder aus dem Land, der Lemgoer habe es selbst erlebt, als es im Mai 2011 einen Anschlag auf den Außenposten in Taloqan gab. „Wir waren von 2000 Mann umzingelt, hatten nicht genügend Granaten. Es gab viele Tote, unter anderem hat es leider zwei Hauptfeldwebel erwischt“, erinnert er sich. Der damals 25Jährige zählte schon zu den Erfahrenen. „Mir ging es danach in Ordnung. Ich habe einen stabilen Rückhalt in der Familie, aber einige kamen damit nicht so gut klar, litten am posttraumatischen Belastungssyndrom“, erzählt er.
Für ihn steht nun aber zweifelsfrei fest: „Wir brauchen nicht mehr in dieses Land zurückkehren. Das Vertrauen ist zerstört worden.“
Die Autorin erreichen Sie unter nuphoff@lz.de